Donnerstag, 20. Februar 2014
Zum Golden Rock und nach Bago
16. Februar. Heute am Sonntag geht es zur letzten Etappe meiner Myanmar-Reise. Mit Auto und leichtem Gepäck gen Osten zum Golden Rock. Die Legende sagt, dass der Tonnen schwere Fels nur deshalb nicht talwärts gerollt ist, weil er durch ein Haar Buddhas gehalten wurde. Das Heiligtum wird weit über die Grenzen Burmas hinaus verehrt. Jeder Buddhist, der es sich leisten kann, sollte mal da gewesen sein.
Als wir im Base-Camp ankommen, von wo aus man auf "Viehtransportern" nach oben gekarrt wird, heißt es erst mal Schlange stehen. Allerdings gibt es mehrere Schlangen - und so warten dann mehre Trucks gleichzeitig darauf, endlich genügend menschliche Beute gemacht zu haben. Als wirklich kein Hintern mehr Platz hat auf den schmalen Querbalken, geht es nach oben. Von der schönen Landschaft und von den Aktivitäten der Einheimischen am Wegesrand bekommt man kaum etwas mit. Zu sehr ist man damit beschäftigt, seine schmale Sitzfläche gegen all die fremden Körper zu verteidigen. Ans Fotografien ist während der gut 30 Minuten dauernden Fahrt nicht zu denken. Dafür entschädigt der Ausblick über die Bergkette für die Strapazen.

Der Fels ist wirklich ein unwirklicher Anblick. Die Gesetze der Physik scheinen aufgehoben. Er schaut aus, als müsste er jeden Moment fallen.

Auf der großen Terrasse sammeln sich die Gläubigen in kleinen Gruppen. Es sind fast nur einheimische Pilger zu sehen. Darunter viele Mönche und Nonnen - die Männlein in braun, die Weiblein in pink. Und das ist wichtig. Denn mit ihren glattrasierten Schädeln sind sie vom männlichen Geschlecht sonst kaum zu unterscheiden.

Rund um das Heiligtum herrscht eine Mischung aus Partystimmung und Andacht. Es wird gekocht, gegessen, geschaut und geknipst - was das Zeug hält. Und dazwischen gebetet und geopfert. Komischerweise bin ich als Ausländer ein begehrtes Fotoobjekt. Mit hübschen jungen Damen lasse ich mich gerne ablichten. Dabei wird viel gelacht und geschäkert.

Langsam verschwindet die Sonne in einer Dunstschicht am Horizont und der Fels erstrahlt in warmen Goldtönen. Unaufhaltsam kleben die Pilger dünnes Blattgold auf alle erreichbaren Stellen. Im Abendwind segeln Hunderte von Papierfolien davon. Umweltverschmutzung - zu Ehren Buddhas.

Für Frauen sind die letzten Meter zum Fels tabu. Ebenso wie die Treppe zu einem kleinen Hügel, auf dem mehrere Buddhas über den Fels wachen.

Stattdessen knien sie in stiller Andacht vor einem zum Altar umfunktionierten Geländer, zünden Räucherstäbchen an und bringen Opfergaben dar.


Noch lange nachdem die Sonne untergegangen ist, herrscht reges Leben rund um den Fels. Souvenier-Shops und Garküchen sind um das Wohl der Pilger bemüht. Auf dem Weg in ein kleines Restaurant lasse ich mir an einem Stand mit besonders schönen Avocados als Vorspeise einen Shake mixen. Die Tochter des Hauses hat ein nettes Lächeln und wenn der Avocado-Shake nicht schmecken sollte, kann man ihn ja immer noch einem der Bettler schenken, die am Rand der Treppe ihre Hände aufhalten. Aber der Avocado-Shake - die Frucht wird mit süßer Dickmilch und Joghurt verquirlt - schmeckt unerwartet gut. Als ich das Restaurant erreiche ist mein Hunger gestillt. Ich denke an meine schlanke Linie, verzichte auf das Abendessen und verteile ein paar kleine Scheine unter den Bettlern. Angeblich soll sowas ja gut sein für's Kama.

Kurz nach 6 Uhr am Morgen sieht die Pilgerschar dem Sonnenaufgang entgegen.

Die meisten haben auf Bastmatten im Freien oder in einer großen Halle kampiert. Die wenigen Hotels sind nur für Touristen erschwinglich. Über Nacht hat sich der Vollmond zum Stein gesellt, hebt sich aber nur noch wenig vom Morgenhimmel ab.


Ich mache mich auf den Weg zu den "Viehtransportern". Möchte früh los, um dem großen Gedränge aus dem Weg zu gehen. Dummerweise bin ich nicht der einzige mit dieser Idee. Es herrscht dichtes Gedränge an vier Ladestationen gleichzeitig und kein Truck weit und breit. Als der erste Truck kommt, erwische ich einen Stehplatz im Gepäckkorb ganz hinten.

Ein Pärchen aus Thailand steigt dazu. Zum Glück hat niemand im Truck großes Gepäck und wir verstehen kein Wort, als uns der Aufseher verscheuchen will. Als es endlich los geht, haben wir hinten richtig viel Platz und die Fahrt ist fast wie Achterbahn auf dem Jahrmarkt - allerdings in weit schönerer Umgebung.

Die beiden Thais - Dun und Golf - wollten eigentlich mit dem Bus weiter nach Rangun. Ich lade sie ein, mich im Taxi zu begleiten. Erst lehnen sie ab. Dann fragen sie schüchtern, was es kostet. Ich schlage vor, die Kosten für den Bus meinem Fahrer als Tipp zu geben. Ein Angebot, das sie nicht ablehnen können. Zumal wir noch Bago besuchen, anstatt wie der Bus in jedem Dorf zu halten.
Eigentlich habe ich genug Pagoden gesehen, aber die Sh- we-maw-daw-Pagode - das Wahrzeichen der Stadt - wollen wir uns dann doch nicht entgehen lassen. Nach einem Erdbeben Anfang des letzten Jahrhunderts erhielt sie ihr heutiges Erscheinungsbild.

Mit 114 Metern Höhe übertrifft sie zwar die Shwedagon-Pagode in Rangun um einige Meter, hinter deren einmaligen Glanz bleibt sie jedoch zurück. Zumindest wenn man schon etwas übersättigt ist, was Pagoden betrifft. Sie hat vier Eingänge - für jede Himmelsrichtung einen. Die Eingänge werden durch einen reich verzierten Turm betreten. Der Hauptaufgang wird zusätzlich von zwei riesigen Löwen bewacht. Im Innenhof sind mehr Mönche und Nonnen zu sehen als Touristen. Was dem ganzen einen recht authentischen Anstrich verleiht.

Dann kommen wir am Rande von Bago noch an einem riesigen liegenden Buddha vorbei. Ein letztes Mal ziehe ich die Schuhe aus. Jedenfalls bevor es heute Abend ins Bett geht. Ich habe mich satt gesehen und Buddhas und Pagoden..!

Auf der Weiterfahrt habe ich dafür wieder einen Blick für Land und Leute. Es geht vorbei an satt grünen Reisfeldern. Aufgrund des Wasserreichtums gibt es hier zwei Ernten pro Jahr.

In einem der kleinen Dörfer sehen wir Fischer, wie sie mühsam kleine Fische zusammen treiben und dann nach Größe in verschiedene Eimer sortieren. Mit Stolz zeigt ein kleiner Junge den größten Fang des Tages.

Übermäßig satt wird seine Familie davon nicht werden - wenn nicht doch noch ein Wunder geschieht.
Immer wieder überholen wir Lastwagen oder TukTuks, die bedenklich überladen sind. Offenbar gibt es keine gültigen Vorschriften. Die Polizei jedenfalls schreitet nicht ein. Aber wir sind ja schließlich auch nicht in Deutschland...!

Morgen früh verlasse ich ein in Summe noch ziemlich ursprüngliches Land in Richtung Thailand - mit einer Fülle von bleibenden Eindrücken.

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