Mittwoch, 28. Januar 2015
Mit "Easyrider" von Dalat nach Mui Ne
Sonntag 25. Januar. Ich begleiche meine Rechnung im Muong Thanh Dalat. Draußen müht sich Thiery, meine beiden Rucksäcke auf seinem Bike fest zu zurren. Ich schnappe den Helm und sitze auf. Fühlt sich halbwegs komfortabel an.

Aber meine Gefühle sind gemischt. Seit Tagen zwickt die Bandscheibe. Keine Ahnung, wie sie reagieren wird auf die Spezialbehandlung der nächsten Tage. Auf unserem gut 200km langen Ritt von Dalat durchs Gebirge nach Mui Ne am Meer.
Wir verlassen die Stadt. Dalat ist als "Gemüsekammer" Vietnams bekannt. Unzählige Gewächshäuser. Die Hänge zu Terrassen umgestaltet. Nicht unbedingt schön anzusehen. Aber eine sichere Einkommensquelle. Wer hier Land hat, hat auch Geld.

Ein paar Kilometer außerhalb ein erster Stop an der Linh Quang Pagode. Hatten wir gestern wegen Reizüberflutung nicht mehr geschafft.

Sie wird von einem überdimensionalen Drachen bewacht. Der wild in sich verschlungen ist. Schaut ganz nett aus.


Weiter geht's auf schmalen Straßen durch hügeliges Gelände. Überall wird Kaffee angebaut. Vietnam ist hinter Brasilien der größte Exporteur.

In einer der Plantagen machen wir halt. Weiße Blüten und rote reife Früchte. Kaffee zum Greifen nah.

Bin zwar kein großer Kaffeetrinker. Aber will schon mal probieren, wie es bei den Profis schmeckt. Ob ich eine Tasse "Wiesel" will? Oder lieber Arabica, Robusta Mokka? Ich erfahre, dass Letzteres eine Kaffeesorte ist und nicht etwa eine Art der Zubereitung.
Und "Wiesel-Kaffee"? Der erfreut sich einer sehr speziellen "Vorbehandlung" vor dem Rösten. Dafür werden die armen Tierchen - deutlich größer als unsere Wiesel und mit schön gestreiftem Fell - paarweise in Käfigen gehalten. Und kriegen nichts anderes zu essen als Kaffeebeeren.

Die Bohnen werden unverdaut ausgeschieden. Was dem Ganzen eine besondere Note verleihen soll.

Ich verzichte und bestelle eine Tasse Arabica.

Das Zeug ist extrem stark. Ich lasse die Milch beiseite. Nehme nur etwas Zucker. Und lasse das Gebräu über die Zunge gleiten wie eine Schlückchen Grand Manier. 500 Gramm Arabica kommen in den Rucksack. Bin gespannt, ob der Zuhause auch noch so gut schmeckt.

Danach nochmals etwas Kultur. Die Linh An Tu Pagode stellt sich in unseren Weg.

Mit einem frech grinsenden - offensichtlich glücklichen - Happy Buddha.

Inzwischen habe ich auch die richtige Technik für's Aufsitzen entwickelt. Trotz der störenden Rucksäcke auf dem Gepäckträger.


Eine gute halbe Stunde später erreichen wir die Elephant Falls. Die haben ihren Namen von den Felsen unten im Tal. Die von oben aussehen wie eine Herde Elefanten. Auf schmalem, teils rutschigem Pfad gehts nach unten. Nicht sonderlich gut gesichert. Ich bin zufrieden, dass ich es auf einen der vorgelagerten Felsen schaffe.

Lasse mir die Gischt um die Nase wehen.

Der Weg durch einen Felsspalt hinter die Fälle ist was für Jüngere. Ist mir definitiv zu rutschig hier...! Ich mache mich langsam wieder an den Aufstieg. Komme ganz schön aus der Puste dabei. Bin froh, als ich wieder auf dem Bike sitze und mir der Fahrtwind um die Nase weht.

Ich genieße die Fahrt durch die Berge. Kann mich kaum satt sehen an den sich ständig ändernden Perspektiven. Kaum Verkehr hier. Immer wieder Einheimische, die Holz sammeln.

Oder Ziegenmist.

Oder Pause machen.

Oder zu Fuß unterwegs sind in den nächsten Ort.


Wir machen Mittagspause in einem kleinen Restaurant. Es gibt Hühnchen mit Reis. Schmeckt lecker.

Aus dem "Hinterhalt" erwische ich zwei traditionell gekleidete Dorfschönheiten. Die haben sich definitiv nicht für Touristen hübsch gemacht. Den Ao Dai - der erfunden wurde als Kaiser Ming Mang Frauen vor 200 Jahren verbot Röcke zu tragen - sieht man heute eher selten auf der Straße.

Eigentlich habe ich jetzt richtig Sehnsucht nach einer Hängematte. Aber Thiery drängt zur Weiterfahrt.

Nach einer guten Stunde auf dem Bike erreichen wir die Pongour Waterfalls, die kaum von ausländischen Touristen besucht werden.

Dafür von vielen Einheimischen. Zumindest am Wochenende.

Auf Fotos älteren Datums führen die Fälle weit mehr Wasser. Wasser, das inzwischen für einen Stausee oberhalb abgezweigt wird.

Im ganzen Tal verstreut riesige Basalt-Felsen. Ein sicheres Zeichen für den vulkanischen Ursprung des Geländes.

Ich lasse mir viel Zeit und den Blick in die Ferne schweifen.
Auf dem Rückweg begleitet mich eine Gruppe Jugendlicher. Englisch ist ihnen total fremd. Wir reden mit Händen und Füßen. Tauschen Namen aus. Es wird viel gelacht.

Als ich oben ankomme drückt Thiery auf's Tempo. Wir haben noch 30km zu fahren. Brauchen noch einen Geldautomaten. Und bald geht die Sonne unter.

Die letzten Kilometer werden gespenstig. Es ist dunkel und die meisten Fahrzeuge sind ohne Licht unterwegs. Das Resort entpuppt sich als Idyll mit ein paar Bungalows und Pool. Mit eigenem kleinen Wasserfall und schönem Blick über die Hügelkette. Wäre ein schöner Sonnenuntergang gewesen hier. Vor 'ner guten halben Stunde.
Es wird schnell kühl. Zusammen mit zwei Pärchen aus Brisbane und Montreal sitzen wir ums Lagerfeuer. Nach dem Barbeque falle ich todmüde ins Bett. Geht ganz schön auf die Gesäß-Muskeln, so ein Ritt.

Die Nacht war kalt. Am Morgen Tau auf Blüten und Blättern.


Juliet - der Landlord - und seine Frau Pham bringen heißen Tee.

Thiery schraubt an seiner Maschine. Vorderrad platt. Offenbar haben wir uns auf den letzten Metern gestern noch was eingefangen.

Aber kein Problem. Der Schlauch ist schon geflickt. Nur noch schnell aufpumpen - fertig. Auf dem Tisch dampft Thiery's Nudelsuppe. Aber irgendwie will der Reifen nicht voll werden. Also nochmals Schlauch raus. Noch ein Loch. Wieder flicken. Wieder nichts. Jean aus Montreal rückt einen neuen Reserveschlauch raus. Aber irgendwas scheint mit der Pumpe zu sein. Der Reifen wird nicht prall. Wieder ein Loch. Mein Easyrider ist nervös. Ich habe längst gefrühstückt und bezahlt. Schaue mir die Gegend an.

Thiery's Suppe ist kalt. Eigentlich wollten wir um 8 Uhr auf Achse sein. Während er "sehr routiniert" den Schlauch flickt - inzwischen zum 4. Mal - nehme ich den Reifen unter die Lupe. Hole ein Messer und entferne einen Nagel, der innen 3mm raus schaut. So ein Profi... mein Easyrider! Um 10 Uhr ist es dann soweit. Take Off in Richtung Mui Ne.

Es geht weiter durch die Berge. Kaffeeplantagen, Hügelketten, Dschungel - soweit dass Auge reicht.



Wir erreichen ein Dorf mit "Minority People" - zu welchem Volk sie gehören kann ich Thiery nicht entlocken. Minority eben. Der kleine Junge bleibt in der Tür stehen, als ich mit der Kamera näher komme.

Mama und Oma sind da längst verschwunden. Auch die beiden Mädchen lachen freundlich.

Wollen sogar das Foto sehen. Überall werden Kaffeebohnen getrocknet.

Und Wäsche natürlich. In allen Farben und Schattierungen.

Die Kinder sind neugierig und freundlich.

Die Älteren eher distanziert.


Auf halber Strecke stoppen wir an einer Seidenfabrik. Viele kleine Raupen beim Verzehr von Maulbeerblättern - wenn ich das richtig verstanden habe. Hatte mir Seidenraupen irgendwie größer vorgestellt.

Schließlich umgarnen die sich mit 1000 Metern Faden, um sich dann im Kokon zu verpuppen.

Der Mensch schnappt sich dann die Kokons mit den wehrlosen Gesellen und wirft sie in heißes Wasser. Flinke Hände finden den Anfang des Fadens. Klemmen ihn auf Spindeln. Die sich erstaunlich schnell drehen, während die Kokons im Wasser tanzen.

Übrig bleiben die inzwischen toten Puppen, die als Delikatesse verkauft werden. Und Tausende Kilometer Seidenfaden.

Inzwischen liegt das Hochland hinter uns. Es ist deutlich wärmer.

Die Vegetation hat sich komplett verändert. Riesige Kakteenwälder. Sehen aus wie kleine Palmen.

Habe zu Hause im Büro auch so ein Teil. Blüht 2 Mal im Jahr gleichermaßen üppig wie kurz. Hier sind die Blüten noch größer.

Und die Früchte natürlich auch. Es sind "Dragonfruit". Die ich bisher nicht sonderlich geschätzt habe.


Ich bekomme ein Stück zum Versuchen. Schmecken aromatisch und süß. Werde sie in Zukunft wohl mit auf den Speiseplan setzen.

Nach einem verspäteten Mittagessen nähern wir uns dem Wahrzeichen von Mui Ne - der roten Düne.

Sand soweit das Auge reicht. Ich stapfte mit müden Beinen nach oben. Sand in den Schuhen. Aber angenehm weich. Von oben ein Blick wie in eine andere Welt . Die Wüste lässt grüßen.

Im Hotel schnappe ich als erstes meine Badehose und gehe an den Strand.

Endlich im Süden. Endlich am Meer. Beine hochlegen. Im Pool abhängen.

Und am Abend zum Hafen.

Wo die Fischer so ziemlich alles anlanden, was im Wasser kreucht und fleucht. Alle Arten von Muscheln. Schnecken. Schalentieren und Fischen. Ich gehe in eines der vielen kleinen Fischrestaurants. In der oberen Etage merkt man nichts vom Treiben auf der Straße. Habe ziemlich Hunger.

Entscheide mich für Scallops als Vorspeise.

Und Scampi als Hauptgericht.

Auf Reis und sonstige Beilagen verzichte ich gerne. Man gönnt sich ja sonst nichts...

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