Donnerstag, 15. Januar 2015
Alte Kaiserstadt Hue
13. Januar. Der Flieger aus Hanoi landet pünktlich um 19 Uhr. Wenig später bietet sich vom Hotelzimmer aus ein nächtlicher Blick auf den "Parfümfluss".

Der Hunger treibt mich ins "La Carambole" - ein für seine vorzüglichen Spezialitäten bekanntes Lokal.

Nach einer leckeren Shrimps-Suppe esse ich in Bananenblättern gedünstete Makrele auf Reisschaum. Ein Gedicht!

Morgen-Grauen über Hue. Grauen auch deshalb, weil mich das schlechte Wetter irgendwienverfolgt!

Nach dem Frühstück schnappe ich mir ein Taxi und fahre zur Zitadelle, der alten Kaiserstadt aus Zeiten der Nguyen-Dynastie. Im Hotel will man mich unbedingt noch in einer Reisegruppe unterbringen. Aber ich bin halt zu gerne "Individual-Tourist" und lehne ab. Auch wenn ich dabei nicht ganz so schlau werde wie die anderen. Dafür vergesse ich meinen Regenschirm. So viel zum Thema schlau...!
Das Taxi läd mich vor dem Ngo Mon Gate ab. Ich weiß gleich, dass ich hier richtig bin. Denn ab jetzt bin ich nicht mehr allein....

Die Anlage hat imposante Ausmaße. Sie ist von 10 Kilometern Mauer umgeben und zusätzlich durch einen 30 Meter breiten Wassergraben geschützt. Ich bezahle meine 100.000 Dong (4€) "Renovierungsbeihilfe" und lasse mir auf einer Karte die "Wanderroute" zeigen. Wie gut, dass die anderen in Gruppen unterwegs sind. So gibt es immer wieder Momente für Fotos ohne all zu viel Publikum vor der Linse.



Offenbar hat es vor 200 Jahren hier auch schon geregnet. Und die alten Kaiser wollten trockenen Fußes die Gemächer ihrer vielen Frauen erreichen. Oder umgekehrt. Egal. Die einzelnen Gebäude eines Komplexes jedenfalls sind durch Wandelgänge miteinander verbunden. Für mich die Chance, dem Regen zu entkommen und mich geistig in die damalige Zeit zu versetzen.

Da kann etwas Musik als Stimmungsaufheller nicht schaden. Kein Mensch hier außer mir. Weiß nicht für wen die Burschen spielen. Ich setze mich auf eine Mauer und höre andächtig zu. Wahrscheinlich kommt gleich eine Gruppe reicher Chinesen und dann ist es mit der Idylle vorbei.

Inspiriert ziehe ich weiter. Als Kaiser muss es sich hier gut gelebt haben. Unzählige Nebengebäude. Teils mit schönen Gärten und Teichen.

Und kunstvoll mit Keramik verzierten Dächern.

Immer wieder fällt der Blick durch Torbögen in schön gestaltete Gärten.


Der innere Teil der Zitadelle - die "verbotene Stadt" - ist durch eine weitere Mauer geschützt. Quasi eine Zitadelle in der anderen.

Plötzlich sehe ich bunt gekleidete Gestalten vorbei huschen. Ich hechle hinterher und kriege noch mein Foto. Leider nur von hinten. Zu schnell verschwinden sie in einem der Gebäude.

Vielleicht gehört das ja alles zum regulären "Tourist-Service". Bestellt habe ich sie jedenfalls nicht. Und von den reichen Chinesen ist nichts zu sehen. Auch die Tour-Touristen sind nicht zur Stelle. Vielleicht hab' ich einfach nur Glück gehabt!
Es hat aufgehört zu regnen. Ich lasse mich ganz langsam in Richtung Exit treiben. Immer wieder einen Blick erhaschend aus neuen Perspektiven. Auf kunstvoll verschachtelte Gebäude, auf Pavillions, Lustgärten und Tore.




Trotz der nassen Jacke hat sich der Besuch gelohnt!

Am Ausgang warten die Schlepper gierig auf die wenigen "unorganisiert" reisenden Touristen. Die Füße sind müde. Also lasse ich mich zu den Drachenbooten bringen.


Wir sind auf dem "Parfüm-Fluß"- der allerdings auch nicht besser riecht als andere Flüsse. Vielleicht liegt es daran, dass die Sträucher am Ufer, deren Blüten dem Fluß einst den Namen gaben, noch nicht voll erblüht sind. Es ist halt Winter in Vietnam...!

An der Thien Mu Pagode eine gute halbe Stunde flussaufwärts machen wir halt. Sie ist eines der Wahrzeichen von Hue. Der achteckige gut 20 Meter hohe Turm wurde Mitte des 19. Jahrhunderts zu Ehren des Mensch gewordenen Buddha erbaut.

Einige Stelen und die Tore zur Anlage sind noch gut 100 Jahre älter.


Hinter dem Tempel ein Garten mit uralten Bonsai.

Ein Mönch kümmert sich täglich um ihre Pflege. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, sind zwei der Bäume so alt wie der Turm.

Für heute habe ich genug gesehen. Zumal hier Massentourismus pur herrscht. Knipsen und geknipst werden heißt die Devise. Die Arme der drei hübschen Mädels sind zu kurz für ein Selfie. Gerne helfe ich aus.

Um dann selbst zum Objekt "der Begierde" zu werden. Es gibt Schlimmeres...


15. Januar - ein neuer Tag. Für heute habe ich einen Fahrer organisiert, um zu den etwas außerhalb liegenden Grabstätten der alten Herrscher zu fahren. Kurz nachdem wir die Stadt verlassen ein ländliches Straßenbild. Deutlich weniger Verkehr. Und an vielen Häusern ist die rote Nationalflagge zu sehen.

Nach einer guten halben Stunde sind wir am "Minh Mang Tomb" - der wohl schönsten Grabstätte der alten Dynastien. Sie wurde im Jahre 1840 nach dem Tod des Herrn Minh nahe einem kleinen Dorf zwischen bewaldeten Hügeln erbaut.
Gleich hinter dem Eingang wartet eine erhöhte Pforte. Über eine breite Treppe erreichbar thront sie über der ersten der drei Ebenen, auf denen das Grabmal errichtet wurde. Von steinernen Soldaten bewacht.

Ein paar Granitstufen höher das nächste Tor. Noch schöner als das erste. Trotz Dauerregen. Es hat drei Türen. Die mittlere ist geschlossen. Sie war für den König reserviert. Obwohl der ja schon tot war. Luxus ist halt, was man sich leistet, ohne es zu brauchen.

Von hinten etwas schlichter - aber immer noch schön anzusehen.

Ganz oben die Residenz des Verstorbenen.

Außen mit Pflanzen in Porzellankübeln geschmückt. Innen alles in gold und bordeauxrot getaucht. Prunk für einen Verstorbenen.

Und doch dem Zerfall geweiht.

Die Zeit und die Feuchte fordern ihren Tribut.

Vielleicht hilft ja unser Eintrittsgeld, das schöne Gemäuer noch lange zu erhalten...

Ein paar Kilometer weiter hoch am Berg das Khai Dinh Grabmal aus der Zeit nach dem 1. Weltkrieg. Es steht an einem steilen Hang. Treppen über Treppen führen nach oben.

Die monolithischen Stelen auf beiden Seiten symbolisieren die Stabilität des Königreichs. War vermutlich eine Menge Arbeit, die großen Steine damals nach oben zu bringen.
Der "Eingangsbereich" wird beidseitig von "Militär" bewacht.

Steinerne Soldaten mit Pferd und Elefant. Zum Glück hatten die damals noch keine Panzer oder Flieger - wäre nur halb so schön.

Stufe um Stufe geht's nach oben. Wenn das nicht sein Grabmal wäre, hätte er einen schönen Ausblick gehabt von hier - der gute Khai Dinh!

Innen sind die Wände aufwändig mit Mosaik verziert. Tiere aller Art. Enten, Schlangen, Drachen. Und natürlich jede Menge Teufel. Alles eben, vor was man sich vor 100 Jahren gefürchtet hat.

Und dann ein reich verzierter Altar mit einem Foto vom Chef. Er ist schon im jugendlichen Alter von 40 Jahren verstorben, nachdem er sein Land 12 Jahre lang regiert hat.

Auf dem Weg nach unten ein letzter Blick auf die imposante Anlage.

Aber jetzt ist es auch genug.

Langsam geht's durch Dörfer zurück. Alle sind fleißig am arbeiten. Die Oma am Straßenrand wäre bei uns längst in Rente. Ich schenke ihr 50.000 Dong und sie reißt freudig die Augen auf. Das eine jedenfalls, das ihr geblieben ist.

Wir fahren weiter. Am Ufer des "Parfume River" entlang.

Vorbei an einem "Office" von "Uncle Ho" - wenn ich meinen Fahrer richtig verstanden habe.

Dachte der Bursche sei schon verstorben, als die Amis noch hier waren. Dann noch ein Abstecher zum Kriegsmuseum. Ein paar alte Panzer, Haubitzen, MIG's der Befreiungsarmee und ganz hinten ein Bomber der Imperialisten.

Das Land ist halt immer noch kommunistisch. Obwohl der Dollar als zweite Währung akzeptiert ist. Und so ganz aus der Luft gegriffen ist das mit den Imperialisten ja nicht...!
Dann noch ein kurzer Besuch auf dem Markt. Gemüse in Hülle und Fülle.

Aber im Prinzip nicht viel anders als im Norden von Thailand, in Laos oder Kambodscha. Nur andere Kopfbedeckungen tragen die Menschen hier...!

An einem der Stände lasse ich mich nieder. Die Suppe duftet nach Hunger und zu Mittag hatte ich nur eine Banane.

Geschmeckt hat sie ausgesprochen gut. Morgen werde ich erfahren, ob sie wirklich gut war...

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